Mit dem Rollstuhl im Harz

Wernigerode/Goslar – Wanderwege für Rollstuhlfahrer, barrierefreie Ausstellungen und Hubwagen für einen leichten Zustieg in die Brockenbahn: Barrierefreies Reisen gewinnt im Harz an Bedeutung.

«Das Thema ist seit langem wichtig für uns», sagte die Sprecherin des Nationalparks Harz, Mandy Gebara, in Wernigerode. Bei Neu- und Umbauarbeiten werde darauf geachtet, dass alle Gäste und Mitarbeiter die Nationalparkhäuser und Besucherzentren gut nutzen könnten. So gebe es mittlerweile rollstuhlgerechte Büroräume, ausgewiesene Parkplätze und barrierefreie Sanitäranlagen. Auch bei Ausstellungen, Waldpfaden und Ausflugsorten in den höheren Lagen werde an Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen gedacht. Allerdings gebe es noch weiteren Handlungsbedarf.

Etwa zehn Millionen Menschen mit Behinderungen

In Deutschland lebten etwa zehn Millionen Menschen mit Behinderungen, sagte die Sprecherin des Harzer Tourismusverbands, Christin Wohlgemuth, in Goslar. «Ein Großteil der Betroffenen möchte auch die Chance erhalten, in den Urlaub zu fahren», erklärte sie. Bei Projekten zum barrierefreien Reisen im Harz seien zahlreiche Ideen in den vergangenen Jahren entstanden und umgesetzt worden. Nicht nur Menschen mit Gehbehinderungen, sondern auch seheingeschränkte, gehörlose oder anderweitig beeinträchtigte Menschen wurden berücksichtigt.

So wurde die im Oktober neu eröffnete Nationalparkausstellung im Brockenhaus auf dem höchsten Berg des Harzes für Menschen mit Behinderungen grundlegend verbessert, erklärte Mandy Gebara. Unter anderem wurde eine bisher nur über Treppen erreichbare Empore mit einem durchgängigen Rundweg für Rollstuhlfahrer ausgestattet.

Viele Exponate in den drei Ausstellungsetagen würden nun über Audio-Module erklärt, hieß es. «Im Multimediaguide sind zudem Audiotexte als Lesetexte verfügbar, Schriftgrößen und Kontrasteinstellungen können auf die persönlichen Bedürfnisse angepasst werden», sagte Gebara. Um überhaupt zum Brockenhaus zu gelangen, können Rollstuhlfahrer in den schneefreien Monaten dank sogenannter Hubwagen in die Brockenbahn gelangen und auf die Kuppe fahren.

«Neben solchen Großprojekten sind wir aber auch stolz auf viele kleine Fortschritte», sagte Gebara weiter. Es gebe mehr Rampen, behindertengerechte Toiletten, Leitsysteme für blinde und sehbehinderte Menschen, ein rollstuhlgerechtes Erlebnis-Kino und neue Ausschilderungen in den Waldgebieten.

Derzeit werde eine Ausstellung im Haus der Natur in der niedersächsischen Stadt Bad Harzburg bis zum kommenden Frühjahr erneuert. «Aktuell noch vorhandene Treppenstufen werden dann Geschichte sein», so die Sprecherin. «Zudem setzen wir auf eine kontrastreiche Gestaltung, kurze Texte, viele Audioinhalte und das Mehrsinnesprinzip.»

Da der Harz oft bergig und steil sei, bevorzugten viele Menschen mit Behinderungen die Fachwerkstädte mit ihren zahlreichen Kultur- und Freizeiteinrichtungen, erklärte Wohlgemuth. Auch in den beliebten Touristenorten werde auf Barrierefreiheit geachtet.

Doch die Umstellung habe ihren Preis.

«Je nach Projekt reichen die Kosten von einigen Arbeitsstunden der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen oder Ehrenamtlichen bis hin zu fünfstelligen Summen bei größeren Bauvorhaben», betonte Gebara. Das Indoor-Spielehaus in Halberstadt etwa habe sich auf Besucher mit Handicap spezialisiert und viel Geld investiert, nannte Wohlgemuth als Beispiel. «Hierfür gab es auch Fördergelder in Höhe von 1,6 Millionen Euro vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr.»

Die barrierefreien Angebote sind den Angaben zufolge beliebt. «Die Resonanz ist gut und die Angebote werden angenommen», sagte Gebara. So sei direkt zur Ausstellungseröffnung im Nationalpark-Besucherzentrum Brockenhaus eine Besucherin mit Rollstuhl aus den Niederlanden mit ihrer Familie zu Gast gewesen. «Sie äußerten sich sehr begeistert», so die Sprecherin. Auch die Harz-Information will weiter barrierefreie Vorhaben unterstützen. Denn: «Von Hotelpartnern aus dem niedersächsischen Harz wissen wir, dass die wenigen barrierefreien Zimmer immer stark nachgefragt sind.»

Fotocredits: Klaus-Dietmar Gabbert
(dpa)

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