Jena – Geht es um die Bedeutung Jenas für die optische Forschung, ist Timo Mappes mit Beispielen nicht zu bremsen. «Wer heute eine Brille trägt, nutzt mit hoher Sicherheit eine Entdeckung aus Jena», erzählt der Professor für Geschichte der Physik. Gemeint ist die Entspiegelung von Glas.
Die Reihe lässt sich fortsetzen, etwa mit der modernen Mikroskopie, dem Planetarium und der Entdeckung der Fluoreszenz. «Wenn man global auf die Optik schaut, kommt man an Jena nicht vorbei», sagt Mappes. Mit diesem Pfund wollen er und seine Mitstreiter wuchern. Ihre Vision: Aus dem alten
Optischen Museum in der Stadt eine «interaktive Erlebniswelt» schaffen, die Besucher zum Staunen bringt und wissenschaftlichen Austausch fördert.
Derzeit nur virtueller Rundgang möglich
Seit Sommer ist das Museum geschlossen, lediglich im Internet können Interessierte bei einem virtuellen Rundgang historische Geräte etwa zur Fotografie und Mikroskopie betrachten. Doch die Arbeiten an dem Großprojekt laufen. Die Rede ist von insgesamt rund 31,5 Millionen Euro, die das Vorhaben samt dem Neubau eines Verbindungsgebäudes zum Volkshaus mit Saal für Proben und Kammerkonzerte der Philharmonie kosten soll. Allein die Sanierung der Optikerschule aus den 1920er Jahren, in der das Museum sein Quartier hat, soll rund 8 Millionen Euro kosten. Für die Neukonzeption der Ausstellungen sind weitere 11,5 Millionen Euro vorgesehen, die Eröffnung für Mitte 2023 geplant.
Das Museum will dabei auch architektonisch ein Zeichen setzen. Dazu werde von der Ernst-Abbe-Stiftung ein Ideenwettbewerb ausgerichtet, an dem namhafte Architekturbüros beteiligt seien, erklärte Museumsdirektor Mappes. Er erhoffe sich einen «Bilbao-Effekt» – dass sich das neue Gebäude so wie das von Frank Gehry entworfene Guggenheim-Museum im Norden Spaniens weithin einprägt und zum beliebten Motiv für Selfies avanciert.
Museumsnetzwerk in Thüringen geplant
«Es ist einzigartig, was da entsteht», erklärt der Geschäftsführer des
Thüringer Museumsverbandes, Holger Nowak. «Das wird weit über die Region hinaus ausstrahlen und unsere Museumslandschaft bereichern.» Sein Verband erhofft sich deutlich mehr Aufmerksamkeit für das Thema Glas, dem sich auch andere Museen im Freistaat widmen, etwa in Lauscha und Gehlberg. Dazu solle ein Netzwerk entstehen. Profitieren sollen andere Museen auch von den Erfahrungen der Jenaer Museumsleute mit der Erfassung von Exponaten in 3D.
Die Arbeiten am Museum selbst werden wohl erst Mitte des Jahres beginnen können. Dann soll es leergezogen sein. Derzeit wird alles ausgeräumt und verpackt. Außerdem wird die Sammlung inventarisiert und digital erfasst. Dazu gehört etwa eine mehr als 4000 Stücke umfassende Kollektion von Brillen, darunter einige aus dem 17. Jahrhundert, 1500 sogenannte Guckkastenbilder und rund 1200 Mikroskope. «Viele davon sind Meilensteine der Wissenschafts- und Technikgeschichte», betont Mappes. Von rund 10.000 Objekten werden in einem aufwendigen Verfahren gemeinsam mit der Universitäts- und Landesbibliothek 360-Grad-Aufnahmen angefertigt.
Fata Morgana, Lichtleiter und Gesichtserkennung
Ziel der neuen Ausstellung soll es sein, optische Effekte erlebbar zu machen und die Entwicklung einzelner Geräte und ihren Nutzen zu veranschaulichen. Dabei wird es um Fata Morganen gehen, Lichtleiter und die Funktionsweise von Gesichtserkennung moderner Handys – und warum diese auch im Dunkeln funktioniert. Zudem plant Mappes eine Art Schaufenster für neueste Forschungen in der Optik. «An mindestens sechs Stationen sollen Forscher in wenigen Sätzen verständlich aktuelle Forschungsergebnisse präsentieren», erklärt er. «Das wird eine Art intellektuelle Version der «Sendung mit der Maus».»
Getragen wird das Deutsche Optische Museum von einer gleichnamigen Stiftung, deren Stifter die Carl Zeiss AG, Stadt und Universität Jena sowie die Stiftungen Ernst-Abbe und Carl-Zeiss sind. Neben der Museumsarbeit soll das Haus mit seiner Sammlung künftig auch als forschendes Museum von sich reden machen.
Fotocredits: Sandro Most
(dpa)